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Autor: Betreff: Mulholland Drive

Administrator





Beiträge: 12
Angemeldet: 7.1.2002
Status: Offline

  erstellt am: 23.1.2002 um 00:23


Wolfgang Melchior und Simon Spiegel haben zu Mulholland Drive eine Filmkritik geschrieben.

Hier kannst du deine Meinung dazu schreiben. Klicke einfach auf Antworten.[Bearbeitet am: 30/3/2002 von walt]

____________________
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    Administrator




    Beiträge: 283
    Angemeldet: 8.1.2002
    Status: Offline

      erstellt am: 23.1.2002 um 00:48
    DafĂŒr das ich David Lynch's Filme meistens nicht verstehe, sie deshalb wohl grottenlangweilig finde (Ausnahmen sind die leichter zugĂ€nglichen Blue Velvet und Wild at Heart ), war er doch immerhin eindrucksvoll. Das liegt einerseits an der wunderschönen Bildsprache, andererseits an der körperlichen PrĂ€senz der Hauptdarstellerinnen. Eine Gnade fĂŒr jeden Schauspieler, von David Lynch verewigt zu werden!
    Satte 7/10 Punkte.

    ____________________
  • Das Recht auf ein gescheitertes Leben ist unanatastbar! (AmĂ©lie Poulain)
     
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    Posting Freak



    Beiträge: 75
    Angemeldet: 16.2.2002
    Status: Offline

      erstellt am: 4.3.2002 um 00:10
    hm ... ich habe den Film nun auch gesehen
    tja, zunĂ€chst einmal ist es ganz klar ein Lynch-Film, d.h. man sollte sich lieber erst zum Ende hin Gedanken darĂŒber machen, was das ganze denn nun soll, denn vorher hatÂŽs kaum Sinn, zudem der Film das scheinbar auch gar nicht will. Aber, sei es drum, denn ...

    quote:
    Das liegt einerseits an der wunderschönen Bildsprache


    Genau. Die Bildsprache ist in der Tat wunderschön und auf mich hatte der Film auch eine sehr suggestive Wirkung. Zeitweise verlĂ€ĂŸt man seine nĂ€here Umgebung und ist einfach weg, ob nun im Film, ob in anderen Welten ...

    quote:
    andererseits an der körperlichen PrÀsenz der Hauptdarstellerinnen


    Die Protagonisten sind auf ihre Weise allesamt sehr charismatisch, aber das ist man ja von Lynch auch gewohnt

    quote:
    DafĂŒr das ich David Lynch's Filme meistens nicht verstehe


    Ja, man könnte auch jetzt eine ewig lange Diskussion ĂŒber Gehalt und Aussage des Films machen, aber imho sind die Filme eher auf einer Wirkung außerhalb des Verstandsebene konzipeirt, zudem auch bei Mulholland Drive das leztzte Viertel klar aus der QualitĂ€t des Rests herausfĂ€llt und eine eher ernĂŒchternde Wirkung als Steigerung bringt. Klar, ohne das Ende, wie erwĂ€hnt wĂ€re der Film nahezu unverstĂ€ndlich, aber gerade diese 1 1/2 Stunden Nicht-Verstehen und einfach nur beobachten und zuschauen haben solch großartige Wirkung. Gleiches ist mir auch bei Blue Velvet (erst neulich nach Jahren wieder gesehen) aufgefallen. Je mehr ich ĂŒber den genauen Inhalt nachdenke, desto geringer wird die "unheimliche" Wirkung, die der Film auf mich hatte. Denke ich an Blue Velvet, denke ich immer nur "eine fremde, seltsame Welt" assoziiert mit Momenten des Films und dann finde ich den Film großartig. Nicht weil er irgendwelche Schattenseiten des kleinbĂŒrgerlichen Lebens oder sonstwas aufzeigt.

    quote:
    Satte 7/10 Punkte.


    Nö , satte 9/10 Punkte [Bearbeitet am: 4/3/2002 von Murnau]

     
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    Posting Freak



    Beiträge: 29
    Angemeldet: 7.4.2002
    Status: Offline

      erstellt am: 14.4.2002 um 21:00
    Ich habe damals nach dem ersten Kinobesuch ne Interpretation geschrieben, die zwar einen kleinen Fehler enthÀlt und auch keine Inhaltsangabe beinhaltet aber bei so viel Kritik muss ich doch dagegenhalten
    (danke an einen bestimmten menschen, der mir bei der form geholfen hat)


    Eigentlich ist es wenig sinnvoll, David Lynchs Filme zu analysieren...denn ein Geheimnis ist nur dann interessant, wenn man die Bedeutung höchstens erahnen kann. Komplettlösungen zerstören es. Doch je kunstvoller David Lynchs Filme werden, desto mehr Arroganz schlĂ€gt ihm entgegen. Insbesondere bei Mulholland Drive ist das, was man nicht mehr versteht schlicht ein Ergebnis dessen, dass es sich um eine unvollendete TV-Serie handelt. Doch, auch wenn er seine Ideen nicht Greenaway-like mit dem Holzhammer verteilt, sind Lynch`s Filme keinesfalls die emotionalen, letztendlich sinnlosen und unauflösbaren Gebilde, fĂŒr die sie gehalten werden.

    Die Struktur seiner Filme ist seit Blue Velvet stets die gleiche:
    1. die Personen befinden sich an einem Ort, der auf den ersten Blick als normal erscheint;
    2. die Flucht/Reise in eine andere RealitÀt;
    3. die RĂŒckkehr an den Ausgangspunkt, allerdings hat sich alles verĂ€ndert.
    Diese entspricht auch der Lynch'schen Farbsymbolik, die in der Anfangssequenz von Blue Velvet eingefĂŒhrt wird:
    1. Rot, die Farbe fĂŒr das Weibliche und das Streben nach Liebe;
    2. Blau fĂŒr TrĂ€ume, das Dunkle hinter der RealitĂ€t;
    3. Gelb, die Farbe der Erinnerung.

    Die Struktur von Mulholland Drive lÀsst sich damit noch nicht ganz erklÀren, denn es gibt noch eine weitere Teilung, die zwar vorher schon angedeutet wurde, aber erst in Mulholland Drive voll zur Geltung kommt. Die Trennung zwischen 2 Formen der Wirklichkeit. OberflÀchlich betrachtet handelt es sich um die Ebenen Traum/Film und RealitÀt, doch so einfach ist es nicht.
    Auch hier helfen uns die Farben weiter:
    1.Weiß, ist die Farbe der Amnesie und der Scheinwelt Hollywood.
    2. Schwarz, steht fĂŒr TrĂ€ume, den Urquell aller Lynchschen Ideen.
    Der Unterschied zum Aufbau von Lost Highway und Blue Velvet besteht lediglich darin, dass hier die "Wendung" nicht vor, sondern nach dem zweiten Teil kommt und dass die Figuren zwischen zwei Ebenen wechseln.

    Die Antwort von David Lynch, auf die Frage, wie Mulholland Drive denn aufgebaut sei ist folgende:

    1. she found herself inside the perfect mystery
    2. trapped inside a strange dream
    3. love

    Um diese auf den Film anzuwenden, muss man zuerst die drei Teile finden und diese dann in der Reihenfolge 3-1-2 zusammensetzen:
    Im dritten Teil geschieht folgendes: Diane ist eine Schauspielerin, die den Durchbruch nicht schaffte, eine lesbische Beziehung zu einem werdenden Star hat und von ihr betrogen wird. Aus EnttĂ€uschung heuert sie einen Auftragskiller an und tötet sich letztendlich selbst...aber tut sie das wirklich? Dianes Egoperspektive wird stĂ€ndig durch Bildstörungen unterbrochen, die Liebeszene, die vorher so intim war, sieht aus wie in einem Hochglanz-Porno und nach Dianes "Tod" steigen RauchfontĂ€nen auf. Sie flĂŒchtet vielmehr aus dieser RealitĂ€tsebene.
    Im ersten Teil befinden wir uns in einer schillernden Traumwelt, doch diese wird durch Dianes Leiche und Ritas Erinnerung gestört. Keiner von beiden Teilen kommt also als RealitĂ€t in Frage. Man bekommt vielmehr den Eindruck, dass man sich abwechselnd in Dianes und Camillas Traumwelten befindet. Warum wĂŒrde sich aber Betty in ihrer Traumwelt einen Auftragskiller auf den Hals hetzten?
    Alle vier sind letztendlich eine Person und so ist auch der zweite Teil die Ausgangssituation.
    Hier passiert das, was Bob wÀhrend des Castings vorhergesagt hat:

    "The two of them with themselves, so don't play it for real until it gets real."

    Diane und Rita sind beide dieselbe und (bildlich, durch die PerĂŒcke) vereint, keine tötet die andere oder sich selbst...beide Ebenen sind co-existent. So sitzen beide in dem ge-fakten Theater "there is no band!" -
    doch trotzdem können sie ihre "realen" TrĂ€nen nicht unterdrĂŒcken..."but yet we hear a band."
    Allerdings zerstört diese Erkenntnis der ZusammenhÀnge zwischen Illusion und RealitÀt die Gemeinsamkeit und sie wird zerworfen.

    Eine dritte Person bleibt allerdings noch... Adam, der Regisseur. Er ist zu einem großen Teil als autobiographische Figur zu verstehen. Ganz im Stile des Regisseurs aus Fellinis 81/2, die beiden sehen sich nicht umsonst sehr Ă€hnlich. Auf den ersten Blick hat Lynch in dieser Person seine Frustration gegenĂŒber den Produzenten Hollywoods verarbeitet. D och schauen wir uns diese und vor allem den Cowboy einmal genauer an.
    Sieht er nicht aus wie der Mystery Man aus Lost Highway, noch dazu mit Alvin Straights Kleidung ? Er entlÀsst Adam mit folgender Drohung:

    Now, you will see me one more time if you do good. You will see me two more times if
    you do bad. Good night.

    Adam castet die gewĂŒnschte Schauspielerin, heiratet Camilla und der Cowboy schaut auf der Party vorbei. Adam hat seine Sache gut gemacht. Aber wĂ€re es dann ein David Lynch Film? Nein. Hier kommt seine Beziehung zu Betty und Rita ins Spiel. Er ersetzt beide durch eine andere Schauspielerin und ergibt sich damit dem Druck der Produzenten. Statt an seine TrĂ€ume zu glauben oder die RealitĂ€t anzunehmen, hat er die begehrte Rolle mit einem in weiß gekleideten Blondchen besetzt. Doch Diane "rĂ€cht" sich dafĂŒr. Durch ihre Selbsttötung springt die Handlung an einen Zeitpunkt, an dem Adams Entscheidung zwischen Blond und BrĂŒnette, die seit Henry in Eraserhead alle Figuren Lynchs treffen mĂŒssen, noch nicht zu Gunsten einer vorher nie dagewesenen, anonymen Dritten gefallen ist. Bereits in Lost Highway war diese Entscheidung nicht mehr zu treffen, den beide Frauen waren die gleiche Person. In Mulholland Drive sind sie auch eine Person, allerdings eine, die im innersten gespalten ist und versucht sich sellbst und ihr anderes Ich zu töten.
    Adam konnte seine Entscheidung also nicht treffen und so tritt der Cowboy doch zwei mal auf. Allerdings in anderer Gestalt: 1. Mr. Roque, der Mann von einem anderen Ort aus Twin Peaks, mit dem OberlippenbÀrtchen von Bobby Peru aus Wild at Heart
    2. Die SĂ€ngerin im "Nachtclub", Dorothy aus Blue Velvet auf der BĂŒhne aus Eraserhead.

    Alle drei bestehen aus 2 Àlteren Figuren aus dem Lynchschen Oeuvre und sind durch die Farbe gelb gekennzeichnet. Sie sind folglich wie Lynchs Filme Verbindungspunkte zwischen dem, was sichtbar auf der Leinwand ist und dem, was Lynch einmal als See voller Ideen beschrieben hat.

    “I always say it's like fishing. You sit quietly and not much is happening for maybe a long time. And then suddenly you get a bite and there's an idea. And the deeper the line goes and the better the bait the bigger the fish you're going to get. And you have to be not necessarily quiet but you have to be open for these things to happen you have to be paying attention."

    Doch Adam ist nicht der einzige, der als autobiographische Figur in Frage kommt... Dan, der ebenso wie Lynch jeden Nachmittag um drei Uhr in Denny`s Cafe sitzt und nach seinen (Alb-) TrĂ€umen sucht gehört dazu. Dianes Selbstbefriedigungsszene erinnert an eine Beschreibung David Lynchs, wie unter Qualen nach Ideen suchte, um den open-ended TV-Pilot in einen Kinofilm umzuwandeln. Das Verzweifelte Suchen nach AbmĂŒhen auf der Suche nach GlĂŒck und letztendlich Erlösung wird im Film durch zwei alte Leute beendet. Ist es nicht so, dass eben diese fröhlichen Amerikaner, wie man ihnen in Hollywood begegnet letztendlich die Boten fĂŒr Lynchs Ideen sind? Was wĂ€re Blue Velvet ohne die Existenz der GutbĂŒrgerlichkeit und der suburbanen VorgĂ€rtchen?

    Die Herkunft dieser “Boten“fĂŒhrt uns auch zur letzten und wichtigsten Person: Die schwarze MonstrositĂ€t, die hinter dem Cafe zu finden ist. In den TrĂ€umen tritt sie als eben solche auf, in der RealitĂ€t ist sie vielleicht die Nachbarin von Nebenan.
    Sie ist die Allegorie der Quelle aller Ideen und TrÀume.


    ____________________
    on a strange day at 6 in the morn,
    all became quiet as something unusual was born

     
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