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Roter Satin

Roter Satin(Satin Rouge)
Tunesien/Frankreich 2oo2
Regie: Raja Amari


Lilias Sieg

Wieder einmal ein Film ganz am Rande des ĂŒblichen Mainstreams, gedreht von der tunesischen Regisseurin und Absolventin der Pariser Filmhochschule FEMIS Raja Amari, lĂ€uft in einigen Kinos seit Mitte Mai 2002. Die Geschichte einer Frau, die zwischen Tradition und Emanzipation einen Weg sucht, findet in der hiesigen Filmkritik kulturchauvinistische Kommentare. Die immer am Ohr des Fortschritts lauschende taz erlĂ€utert, wie wichtig der »orientalische Bauchtanz, das Sich-Winden, das Wackeln, das Zucken und Wogen, der stilisierte Geschlechtsakt, die Vereinigung mit dem Raum« fĂŒr die Befreiung der tunesischen Frau sei. War der Autor S. Weidner in einem Porno? Will man Frau Lenssen von der »Zeit« Glauben schenken, erzĂ€hlt der Film, »wie der Eintritt in die verbotene Welt ihrer Heldin Lilia die Entdeckung der eigenen Sinnlichkeit ermöglicht«, »ganz selbstverstĂ€ndlich, geradezu vertraut fĂŒr europĂ€ische Augen und Ohren«. So, so. Irgendwie werde ich den Eindruck nicht los, dass hier von relativ weit oben (Deutschland) nach relativ weiten unten (Tunesien) herabgeschaut wird.

Inhalt
Lilia (Hiyam Abbas) ist verwitwet und lebt mit ihrer Tochter Salma (Hend El Fahem) zusammen. Lilia ist Hausfrau. Sie hat sich mit dem Dasein als Witwe, die ihren Mann betrauert, mit seinem Bild redet, scheinbar abgefunden. Ihre einzige Sorge gilt Salma, die ab und zu spĂ€t nach Hause kommt oder auch einmal bei einer Freundin nach einer Party ĂŒbernachtet. Lilia will, dass Salma ihre Schulausbildung ordentlich abschließt.

Eines Tages sucht sie ihre Tochter, um zu sehen, was Salma in ihrer Freizeit unternimmt. Denn die Nachbarin (Faouzia Badr) hat ihr Angst gemacht, Salma könne vom Pfad der Tugend abkommen, wenn sie nicht auf sie aufpasse. Doch anstatt Salma zu finden, steht sie plötzlich vor dem Nachtclub »Satin Rouge«. Vorsichtig betritt sie das Etablissement, aus dem Musik zu hören ist, und steht plötzlich zwischen klatschenden und beschwingten MĂ€nnern, Musikern und BauchtĂ€nzerinnen. Das ist zu viel fĂŒr ihre Nerven; sie fĂ€llt in Ohnmacht. Die BauchtĂ€nzerinnen sind besorgt, legen sie auf eine Couch und warten, bis Lilia wieder aufwacht.

So lernt Lilia die schon etwa Ă€ltere BauchtĂ€nzerin Folla (Monia Hichri) kennen, eine ĂŒberaus freundliche und zuvorkommende Frau, mit der sich Lilia anfreundet. Lilia ist
Hiam Abbass als Lilia (Mitte) und Monia Hichri als Folla (Rechts)
hin- und hergerissen. Einerseits wehrt sie sich gegen die Zurschaustellung der Frauen vor den MÀnnern im »Satin Rouge«, andererseits fasziniert sie der Tanz, die Musik, der Zauber und die Verlockung, die von der AtmosphÀre im Nachtclub ausgehen.

Immer öfter kehrt sie heimlich nachts, wenn Salma schon schlĂ€ft, in den Nachtclub zurĂŒck. Eines Abends, als Folla gerade auftritt, zieht Lilia eines von Follas KostĂŒmen an, die sie beim Bauchtanz trĂ€gt, und tanzt selbst vor dem Spiegel. Als Folla ihren Auftritt beendet hat, beobachtet sie Lilia, nimmt sie an der Hand, obwohl Lilia nicht so recht will, und tritt zusammen mit ihr auf. Die MĂ€nner im »Satin Rouge« sind begeistert von der »Neuen«. Der Clubbesitzer (Abou Moez Fazaa) allerdings will, dass Lilia eine richtige Ausbildung im Bauchtanz erhĂ€lt. Folla ĂŒbernimmt dies, und fortan tritt Lilia – heimlich, ohne Kenntnis ihrer Tochter, Nachbarn oder Verwandten – im »Satin Rouge« auf.

Salma hat sich schon lÀnger in den im Nachtclub spielenden Musiker Chokri (Maher Kamoun) verliebt und verbringt mit ihm heimlich ihre Freizeit. Doch Chokri ist unentschlossen. Salma ist jung, von ihrer Mutter abhÀngig. Ohne zu wissen, dass Lilia Salmas Mutter ist, verliebt er sich in Lilia und schlÀft mit ihr. Salma will Chokri ihrer Mutter endlich vorstellen, mit den Heimlichkeiten Schluss machen. Und eines Tages taucht sie mit Chokri bei Lilia auf ...

Inszenierung
Raja Amaris Film spielt in der hellen Welt des Tageslichts mit seinen strengen Regeln der tunesischen Gesellschaft und der dunklen Welt der Nacht, den Heimlichkeiten, den geheimen BedĂŒrfnissen und WĂŒnschen, die Lilia am Tag nicht leben kann und die sie sich erst in der Nacht zugesteht. Ihrer Tochter ergeht es Ă€hnlich. Sie sehnt sich nach Liebe und Zuneigung, muss sie aber vor ihrer Mutter verstecken. Salma ist vor ihrer Mutter diejenige, die die Regeln bricht, die zu ihrer Liebe zu Chokri steht und dies offen bekennt, ohne zu wissen, das auch Chokri ein Geheimnis hat. Er ist der ReprĂ€sentant der MĂ€nnerwelt, der MĂ€nner, die nach Sex dĂŒrsten und denen es nicht darauf ankommt, einer Frau treu zu sein, sondern darauf, alle besitzen zu können. Lilia dagegen entdeckt sich als Mensch. Der Bauchtanz ist nur das Ă€ußere Mittel, um sich als Frau, als ganzer Mensch zu entdecken und dies – zumindest in der Nacht – zu leben.

Die anderen BauchtĂ€nzerinnen leben in AbhĂ€ngigkeit von der MĂ€nnerwelt: dem Patron, dem der Nachtclub gehört, und den MĂ€nnern, die ihnen zuschauen, Geld zustecken, wenn sie gut sind, und eben keines, wenn sie nicht gut sind. Folla weiß dies; ihr ist bewusst, dass sie bald gehen muss, entlassen wird, weil der Patron junge TĂ€nzerinnen einstellen will. So sei das Leben nun einmal, meint Folla.

Regisseurin Raja Amari
Raja Amari erzĂ€hlt die Geschichte dieser Menschen vor allem in Bildern, in Mimik und Gestik. Wenn Worte fallen, herrschen zumeist die Regeln, die Regeln z.B. fĂŒr Witwen, die keinen Körper, keine Seele, keine GefĂŒhle zu haben scheinen, die nur eines sollen: trauern um den verstorbenen Mann, Geschlechtsneutren, deren Leben dem Tode schon sehr nahe ist. Lilia bricht diese Regeln. Auch wenn sie anderen verheimlicht, dass sie nachts BauchtĂ€nzerin ist, hat sie letztlich kein schlechtes Gewissen, sondern höchstens Angst vor Sanktionen. Sie lebt sich. Der Tanz und die Musik, der Tanz mit Folla und den anderen Frauen ist fĂŒr sie dieses Sich-Entdecken; die zuschauenden MĂ€nner sind nicht so wichtig, eher Hindernis, unumgĂ€ngliche Beigabe. Und Lilia siegt ĂŒber diese MĂ€nnerwelt. Sie erringt einen scheinbar kleinen Sieg, aber fĂŒr sich einen enorm großen.

Als Lilia Salma durch das Fenster mit Chokri kommen sieht, erkennt sie, dass sie und ihre Tochter mit demselben Mann geschlafen haben. Chokri ist entsetzt, ohne auch nur irgend etwas sagen zu können. Sie erkennt, welche Auswirkungen die Gesetze der MĂ€nnerwelt haben – und nimmt ab jetzt das Ruder in die Hand: Sie verheiratet Salma mit Chokri. Auf der Hochzeitsfeier tanzt sie vor dem sitzenden Brautpaar, vor allem vor Chokri. Diese Szene deutet weder darauf hin – wie einige Filmkritiken nahe legen –, dass Lilia weiterhin Anspruch auf Chokri erhebt (dann wĂŒrde sie gegen ihre Tochter, die sie liebt und der sie nie bewusst schaden wĂŒrde, handeln), noch darauf, dass sie zu ihrer keuschen Witwenrolle zurĂŒckfindet. Diese Hochzeit ist ihr Sieg ĂŒber die patriarchale MĂ€nnerwelt in Gestalt Chokris. Sie hat ihn in der Hand: Wenn er nicht gut zu ihrer Tochter ist, sie nicht liebt, sie nicht beschĂŒtzt, dann wird sie das Geheimnis preisgeben, dass Lilia und Chokri verbindet. Lilia schlĂ€gt die MĂ€nnerwelt mit deren eigenen Waffen – geboren mehr aus einem Zufall als planmĂ€ĂŸig betrieben. Lilia ist frei. Sie zeigt Chokri im Tanz bei der Hochzeit, dass sie zu sich, zu ihren WĂŒnschen und zu sich als ganzem Menschen stehen kann, ohne dass Chokri Einfluss darauf nehmen kann. Lilia hat die Erfahrung gemacht, dass sie mehr ist als die Rolle, die man ihr aufgezwungen hatte, und sie kann fĂŒr ihre Tochter erreichen, dass sie nicht unter der Knute der Regeln der MĂ€nnerwelt leben muss. Ob das gut geht, lĂ€sst der Film natĂŒrlich offen.

Fazit
Raja Amari gelang ein beeindruckender, in farbenprĂ€chtigen und lebhaften Bildern inszenierter Film mit einer exzellenten Hauptdarstellerin, der dokumentiert, dass manche »europĂ€ischen« Antworten auf arabische VerhĂ€ltnisse mehr ĂŒber kulturelles Hegemoniedenken, als ĂŒber die wirklichen Schwierigkeiten von Frauen in arabischen LĂ€ndern aussagen. »Roter Satin« ist keine Schwarz-Weiß-Malerei, keine Floskel, keine ideologische Besserwisserei, keine plakative Antwort. Auch Chokri oder der Nachtclubbesitzer oder die anderen MĂ€nner werden nicht in Feindbildern stilisiert. Raja Amari dokumentiert, zeigt auf – vor allem ĂŒbrigens auch die innige SolidaritĂ€t zwischen Frauen (Pedro AlmodĂłvars Filmen hier in vieler Hinsicht Ă€hnlich). Es ist zu befĂŒrchten, dass auch dieser Film am Rande des Mainstream nicht sehr viel Publikum anziehen wird.

© Ulrich Behrens 2002 – veröffentlicht zuerst in: www.ciao.com (unter dem Mitgliedsnamen Posdole)



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hinzugefügt: June 24th 2002
Autor: Ulrich Behrens
Punkte:
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Sprache: deu

  

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